hausacher stadtschreiber-tagebuch (5) – re: störende energie

Hearst, Oider! Lustige Geschichte . . . Zuerst ist rausgekommen, dass man bei irgend so einem Krankenhausbau in Ostösterreich, was warn’s, 93 000 Euro Steuergeld für einen »Energetiker« ausgegeben hat, der »die Baustelle entstören« sollte. Dann ist rausgekommen, dass das weder die einzige Baustelle, noch auch nur die einzige Krankenhaus-Baustelle in Österreich war, wo irgendwelche Schwingungsspezialisten Geld aus Luft zauberten (es gibt ein Pressefoto, mit so mannshohen Wellblechskulpturen, die einer wo aufgestellt hat gegen negatives Bimbam – im Auftrage immerhin politisch besetzter Aufsichtsräte). Dass es sich, mangels überprüfbarer Arbeitsprodukte, bei »Energetik« in diesen Größenordnungen schlicht um ein besonders geeignetes Korruptions- und Kickbackvehikel handeln könnte – auf d i e Idee kommt die österreichischen Öffentlichkeit, die alte Unschuld vom Lande, bis heute nicht.
Sogar, dass sich der von der Wirtschaftskammer anerkannte Berufsverband der Energetiker zu Wort melden durfte: »Das war keiner von uns!« . . . und DANN, lieber Osterhase, ist nebenbei auch rausgekommen, dass die Wirtschaftsministerin der Republik selbst einen entsprechenden Gewerbeschein besitzt.

Wirklich. Ministerin Margarete Schramböck, vormals A1-Telekom-Managerin, ist als Humanenergetikerin laut Gewerbeschein berechtigt zur »Hilfestellung . . . mittels Wahrnehmung raumenergetischer Phänomene, durch Berücksichtigung von Planetenkonstellationen und lunaren Energien« (die drei Pünktchen im Zitat repräsentieren ca. zwanzig Zeilen des allerverderblichsten, um nicht zu sagen lunarsten, Kristall- und Wünschelruten-Wortsalats).

Es handelt sich um dieselbe Ministerin Schramböck, die vor nicht allzu langer Zeit den Plan ventilierte, die Zumutbarkeitsbestimmungen bei der Arbeitssuche zu verschärfen, genauer: Die Bestimmungen betreffend des zumutbaren täglichen Arbeitswegs. Vier Stunden gesamt täglich sollten schon drin sein, so die Ministerin, denn, und das hat die Energetikerin und zur Wahrnehmung raumenergetischer Phänomene laut Gewerbeschein Berechtigte tatsächlich öffentlich gesagt: »Und wir haben die digitalen Medien, es gibt keinen Grund mehr, heute zu erklären, ich kann nicht mit meinen Freunden in Kontakt bleiben, weil das findet digital statt.«

So stellen wir uns denn ein raumenergetisches Phänomen vor, dass sicherlich der Entstörung der lunaren Energien in Österreich und im befreundeten Ausland dienlich wäre: Einen kristallschwingungs-chakra-fengshui-mäßig genau austarierten Zauberkreis aus S-Bahn-Schienen und Asphalt, circa 100 Kilometer Umfang, immer rundherum und rundherum, irgendwo im Alpen-Nichts (ei wie schon alleine das Errichten dieses solchen Energiebimbams den Wirtschaftsstandort förderte, nicht wahr?).
Und dann setzen wir die astrologisch-energetisch gesehen genau richtigen Langzeitarbeitslosen mit ihren Handys und Tablets hinein in den großen alpenländischen Entstörkreis, W-LAN ist vorhanden, es gibt ein Buffet im hinteren Zugteil, Luxusluxus, und lassen sie im Kreise fahr’n, die armen Schlucker; das ist jetzt ihr Job; Achtstundenschichten; rund um die Uhr in Betrieb.
Frage: Was für Raumenergien bewirkt dann dieser Sonderzug, oh Entstör-Visionär? – Antwort: Solche Energien, Oider, gib Dir – solche Energien, die sich, genug entstört, zum Geist und Wiedergänger von einem dieser großen (dortseits) sehr verehrten Helden der politischen Reaktion zusammenballen; der dann im Mittelpunkt des Schienenkreises im Alpenlandschaftsnichts entstehe: Strauss, oder Hayek, oder die alte Hexe von der Downing Street persönlich . . . Und dieses Gespenst, es könnte dann Frau Bundesministerin Schramböck heimsuchen und dergestalt beraten, glaubwürdig beraten, checkstu, Oider?!, dass sie doch bitte zumindest versuchen möge, ihren Zynismus nicht so offensichtlich vor sich her zu tragen.
Dann bräche das Gespenst in fühürrrchterliches Lachen aus, woraufhin Frau Bundesminister Dr. Margarete Schramböck endlich, endlich wieder aufwachte, getrieben von dem plötzlichen Bedürfnis, in der englischen Wikipedia das Wort »dickensian« nachzuschlagen.