ein ganzer chor von als engerl verkleideten volksschulkindern wird an schnüren auf die bühne heruntergelassen. quietsch- und scharrgeräusche aus der kulisse zerstören die illusion, dass sie schweben würden. die engerl gruppieren sich an den bühnenrändern und stehen dort wenig verloren rum. sie glubschen ins dunkle des parketts, zupfen an ihren kostümen und flügelchen rum und warten offenkundig auf ihren einsatz. nicht, dass wir aus ihren bewegungen und blicken eindeutig entschlüsseln könnten, woher der dann kommen soll, aber egal.
es betreten nun die bühne vier identisch billig und hässlich gekleidete personen beiderlei geschlechts, die von schärpen um ihren leib hilfreich als zwei „hoferwähler“ und zwei „bellowähler“ ausgewiesen werden. sie stellen sich an die rampe und gucken sich feindselig an.
ein „hoferwähler“ setzt an, etwas zu sagen. er lässt sich zeit. neugierig hängen die anderen drei protagonisten an seinen lippen. augen, weit geöffnet, fragend, auf alles gefasst.
da er endlich zu reden beginnt, biegt in der nähe (ach ja, genau – wir befinden uns in einer freilichtbühne) ein lastwagen um eine ecke und macht so viel krawall, dass man nix mehr versteht. das publikum ist irritiert. die schauspieler bleiben eisern in ihrer rolle – die grünwählerin antwortet gerade, hochempört und fuchtelnd – obwohl sie sich fast sicher nichtmal selber reden hören. ein engerl bohrt in der nase.
nun senkt sich ein banner zwischen publikum und bühne. darauf steht:
ES BEDARF HIER KEINER KARIKATUR. ES BEDARF HIER AUCH KEINES LEITARTIKELS. ES BEDARF KEINER ARGUMENTE UND KEINER DEMASKIERENDEN SATIRE; WIR MÜSSEN UNS ÜBERHAUPT NICHT DAMIT BESCHÄFTIGEN, WAS DIE DA AUF DER BÜHNE IM EINZELNEN REDEN. ÜBERHAUPT IST JEDER VERSUCH VERFEHLT UND ZU VERURTEILEN, AUS DER DERZEITIGEN GESAMTSITUATION ÄSTHETISCH-LEBENSGEFÜHLIGEN MEHRWERT ZU SCHINDEN. WER MAG, DARF SICH DAMIT TRÖSTEN, DASS WIR ES NIE WIEDER SO BILLIG WIE IN DEN NÄCHSTEN PAAR JAHREN BEKOMMEN WERDEN, UNS „AUF DER RICHTIGEN SEITE“ ZU WÄHNEN, WENN WIR NICHTS ALS WIE UNSEREM TAGWERK NACHGEHEN, VORAUSGESETZT, ES HAT DIE RICHTIGE HAUTFARBE, WER SICH SO TRÖSTET, WEIL SONST WIRD ER EH SCHEISSEN GEHEN KÖNNEN.
das publikum, da es alles dieses langsam entziffert, ist erstaunt und murmelt hin und her.
plötzlich steht der lastwagen, der grade noch den lauten krawall gemacht hat, im parkett. er muss sich angeschlichen haben. hahaha. mehrere gegenstände aus holz splittern. lächerlich uniformierte gestalten springen von der ladefläche des lastwagens. sie picken sich gezielt und anhand von listen auf mitgebrachten klemmbrettern alle personen jüdischen oder islamischen glaubens aus der menge der zuseher_innen, ausserdem leute mit einem jahreseinkommen unter € 26.000,-, stark übergewichtige frauen und männer, die zuviele pflegeprodukte benutzen. sie schlagenen ihnen ohne federlesens mit baseballschlägern ihre schädel ein. hirnmasse, blut und eiter spritzen durch die gegend. fluchtversuche erweisen sich als zwecklos.
das restliche publikum braucht einen moment, um zu verstehen, dass es sich bei alledem um einen teil der darbietung handelt und beginnt endlich, nervös zu klatschen.
das beschriftete banner an der rampe fällt nun zu boden, der blick auf die bühne ist wieder frei. die engerln haben sich auf die vier wähler_innendarsteller gestürzt und zerfleischen sie mit zähnen und klauen. nun, da wir genauer hinsehen, bemerken wir, dass sie in wahrheit gar keine volksschulkinder sind, sondern die art von schlank-androgynen, aber eindeutig schon über-achtzehnjährigen mädchen (fingers crossed, nichtwahr), wie philip hautmann, autor des bekannten und mit der vorliegenden parabel nichts zu tun habenden romans „yorick“, sie in seiner facebook-timeline zu posten pflegt; und noch dazu passt die ganze situation auf solch eine erkenntnis wie die faust aufs auge, wie der baseballprügel in das hinterhirn. hahaha. da sie, die engelchen, bemerken, dass man sie wieder sieht, richten sie sich auf und singen zur melodie des bliebten volksliedes „wenn alle brünnlein fließen“:
HÖRTS ENDLICH AUF ZU GLAU-BEN / MIT’M BESSER’N ARGU-MENT / GE-WINNTS IHR EINEN BLUMENTOF / JU-JA-BLUMENTOPF / IHR HABTS DA WAS VERPENNT.
die engel singen überraschend gut, wenn man die umstände bedenkt.
schreie.
vorhang.