erschienen in TAGEBUCH #10/2021
Wir können Bruder aller Bilder als Roman einer endlich gelingenden Sozialisation in einer beliebigen kleinen Großstadt lesen. Jede Konkretisierung des Schauplatzes ist aus dem Text nicht so sehr getilgt als für ihn überflüssig; keine der Figuren erwähnt je einen Ort, ein Detail der Lokalhistorie, den oder das es nicht genau so überall sonst in Deutschland gibt, wo die Einwohnerzahl zwischen 150.000 und 400.000 beträgt. Einzig das gelegentlich erwähnte Wäldchen lässt sich googeln und erschließt der interessierten Leserin, dass wir uns in Augsburg befinden. »Endlich gelingende Sozialisation« heißt, am Ende hat sich die hermetische Schließung einer Lebenswelt vollzogen.
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