Erschienen auf poesiegalerie.at
In einem „STAUB“ betitelten Gedicht im ersten der vier Kapitel von Daniela Kocmuts Lyrikband „Freitauchen“ findet sich, als eigenständige Strophe, dieser Dreizeiler:
der wind frisst mir aus den händen,
versucht aber lediglich die feinstaubschicht
von meinen handflächen zu wehen.
Es sind Stellen wie diese, an denen sich bei Kocmut eine poetische, scheinhaft mehrdeutige Formulierung („frisst mir aus den Händen“) bei genauem Lesen („versucht aber“) in eine unabgegoltene Wirklichkeitsbeschreibung – in die Beschreibung nicht abgegoltener Wirklichkeiten – verwandelt. Diese Wendungen bilden ein kontrastierendes (also strukturierendes) Stilelement in einem Band voller Gedichte, die ihrer Natur nach eigentlich eher weniger zur formalen Kippfigur tendieren als zum klaren Gedanken, zur sorgsam ausgestellten Miniatur. Wie ich das mit der „Natur“ meine, erzählen vielleicht die Kapitelnamen in Kurzform: Auf erstens „sprachigkeit“ und zweitens „sprachzeich(nung)en“ folgen drittens „zwischenstationen“, zuletzt geht es ans „freitauchen“. […]