Erschienen als Editorial von perspektive. hefte für zeitgenässische literatur … #115
datenpunkt: dass dies, vom vorliegenden editorial abgesehen, die erste perspektive ohne grazer:innen sei. vermutlich ein effekt der neuen, vierteljährlichen erscheinungsweise, denn an den nuts and bolts der echokammer-hier haben wir nicht gerührt. die leute sind alle noch da (die meisten halt). das mißverhältnis zwischen hüben der literatur und drüben der medialen rede über die literatur, welches der perspektive ihre perspektive gibt – es flimmert munter fort, an den rändern der wahrnehmung. everything under heaven is in utter chaos; the situation is excellent.
anderer datenpunkt: es war messe in leipzig, das werden die leser:innen auch in einigen unserer kolumnen bestätigt finden. gegenstand der messe waren österreichische binnenwidersprüche und, jenseits der grenze, deren formschöne bedeutungsleere. bücher gab es da auch; und gab zwischen lesungen und parties auch wieder mal die beobachtung zu machen: wenn alle die fröhlichen, der literatur körperlich verfallenen menschen, zu denen der red. sich gern dazuzählt, das schreiben endlich einstellten, es möchte noch geschehen, dass sie statt dessen das lesen begönnen – so fände unsere ganze schöne produktion der letzten jahrzehnte endlich doch ein etwas breiteres publikum …
noch ein weiterer datenpunkt: dass den red. jenes buch über die mißglückte reise nach petuschki von w jerofejew (wenedikt, nicht wiktor!) in zauberischer weise zu verfolgen scheint. als intertext in einem einzumoderierenden roman (die bibliothekarin, p m huemer) tauchte es auf; als folie und variierter urtext eines theaterabends (im zuge der ernüchterung, v hagemann); das buch-selbst lag in der auslage einer stadtbibliothek; es fand erwähnung in der tagesaktuellen textwand eines ukrainekriegserklärbären auf youtube usw. usf. – ein trauriger spaß über die vergeblichkeit, „moskau zu verlassen“, solange der suff … (über die unmöglichkeit, die bessere welt als eine geschichtliche zu denken, als etwas, das sinnvoll mit unserem=jetzt=oaschloch-zustand verknüpft wäre)
vierter datenpunkt: sind wir schuld? seit perspektive kleinformatig geworden ist, sind die chatbots plötzlich fähig, zwar keine guten ergebnisse zu generieren, aber doch solche, die gut genug sind für, sagen wir, lokalkolorit im tatort-drehbuch. „chatgpt, bitte simuliere ein kurzes gespräch von zwei angehörigen der subkultur X über das thema Y.“ so sachen. – eine infinite conversation zwischen einem s zizek- und w herzog-bot gibt es online schon, und der red. musste ihr ernstlich 20 minuten zuhören, bis eine stelle kam, wo der automatenquatsch als solcher unzweideutig kenntlich war.
case in point:
„chatgpt, was haben diese vier sachen miteinander zu tun?“ –
„Die vier genannten „Datenpunkte“ scheinen auf verschiedene Aspekte oder Beobachtungen hinzuweisen, die möglicherweise miteinander in Verbindung stehen. Hier ist eine mögliche Interpretation:
- Der erste Datenpunkt bezieht sich auf ein Editorial oder einen Artikel, der anscheinend die erste Perspektive ohne Grazer Personen darstellt. Es wird darauf hingewiesen, dass dies wahrscheinlich auf die neue vierteljährliche Erscheinungsweise zurückzuführen ist, aber die „Echokammer“ der Leute bleibt bestehen.
- Der zweite Datenpunkt erwähnt eine Messe in Leipzig, bei der österreichische Widersprüche und ihre Bedeutungslosigkeit jenseits der Grenze thematisiert wurden. Es wird angemerkt, dass Bücher vorhanden waren und dass es wünschenswert wäre, wenn diejenigen, die gerne schreiben, anstatt damit aufzuhören, stattdessen mehr lesen würden, um die österreichische Literatur einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.1
- Der dritte Datenpunkt bezieht sich auf ein Buch über eine missglückte Reise nach Petuschki, das auf verschiedene Weise auftaucht: als Intertext in einem Roman, als Grundlage für einen Theaterabend und als Erwähnung in einer YouTube-Textwand zum Ukraine-Konflikt. Es scheint eine Reflexion über die Vergeblichkeit zu sein, aus einer bestimmten Situation oder einem bestimmten Zustand zu entkommen.
- Der vierte Datenpunkt besagt, dass seitdem die Perspektive kleiner geworden ist, Chatbots plötzlich gut genug sind, um akzeptable Ergebnisse zu liefern. Es wird erwähnt, dass ein Chatbot-Gespräch zwischen Slavoj Žižek und Werner Herzog online zu finden ist, bei dem es schwer war zu erkennen, wann der Automatenquatsch einsetzte.
Insgesamt scheinen diese Datenpunkte auf eine Reihe von Beobachtungen und Reflektionen hinsichtlich des Schreibens, der Literatur, des Lokalkolorits und der Vergeblichkeit hinzudeuten. Es könnte sein, dass sie alle eine gemeinsame Frage aufwerfen oder auf eine gewisse Diskrepanz zwischen verschiedenen Aspekten der Kultur und des künstlerischen Schaffens hinweisen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Interpretation dieser Punkte subjektiv sein kann und möglicherweise andere Zusammenhänge oder Bedeutungen hat.
…
am ende kommt vielleicht noch raus, es war nie mehr dahinter, wenn eins was schrieb oder proklamierte. es war bedeutung stets schon eine illusion. reflektierendes bewusstsein: ein artefakt der statistikmaschine im vorderhirn, und noch viel prekärer als bisher angenommen seine verbindung zu jenem stummen affeninstinkt-affen, den das, was „ich“ sagt, zu meinen glaubt. die menschheit ein automat, alles leiden eine illusion. windhauch, windhauch, sagte kohelet. oder kommt vielleicht auch bloß raus, der red. überinterpretiert das zuhandene.
1befriedigt registrieren wir an dieser stelle, dass die maschine auch das mit dem sinnerfassenden lesen, zumindest im fall von konditional- und konjunktiv-konstruktionen, noch nicht so ganz gemeistert hat. wie war das? wenn eine ordnung gestört ist, entdecken wir zuerst mal, das da eine ordnung war.