(…) Als kein Blut mehr herausfloß, brach das Schwein zusammen, blieb liegen und hörte zu zucken auf.
Zählingsar, der Poet und der schöne August hatten den Vorgang beobachtet. Sie lehnten es ab, das in heißem Fett gebratene Blut zu essen. Zählingsar ging zwar in die Küche des Brauhauses. Als sie das Schwein hereinbrachten, um es auf dem bereitstehenden Schragen zu häuten und zu zerlegen, forderte er die Freunde auf, zu gehen. Auf der Heimfahrt schien die Sonne blaß, dein Dunstkreis rückte sie weiter weg. Der schöne August wagte nicht, vom Gesetz der Natur oder vom Gesetz des Lebens zu sprechen, wie Zährlingsar befürchtet hatte. Während er erklärte, dass Fledermäuse nie gegen Gegenstände fliegen können, flog dem Poeten eine Fledermaus in den Mund. Zählingsar meinte, daß der Widerstand, den die Welt leiste, auf ein falsches Training der Sinnesorgane zurückzuführen sei.
Dieser Ausschnitt stammt aus dem Debütroman von Alfred Kolleritsch, „Die Pfirsichtöter. Seismographischer Roman“, der 1972 bei Residenz erschien. Kolleritsch war – durch die Gründung der Zeitschrift manuskripte 1960, durch sein Engagement für die Eröffnung des Kulturzentrums Forum Stadtpark, und vor allem durch seine unermüdliche, kulturpolitisch klarsichtige Herausgeber- und Förderertätigkeit – neben Emil Breisach und dem Politiker Hanns Koren einer der entscheidenden Impulsgeber, die in Graz und Österreich der damals noch höchst lebendigen Ästhetik und Kultur der verbliebenen Nazis und Austrofaschisten mit ihrem Kitsch, Blut und Boden als Erste etwas entgegensetzten.
Er verantwortete zum Beispiel als Veranstalter die für die konkrete poesie so wichtige Grazer Lesung von Ernst Jandl 1964, oder gab Oswald Wieners „Die Verbesserung von Mitteleuropa. Roman“ heraus – beides stieß auf Bedenken und Widerstände von Milieus und Medien, die ihn Jahrzehnte später als Symbolfigur feiern würden, ohne sich je auf genauere Auseinandersetzung mit einzelnen Texten einzulassen.
Wikipedia listet zahlreiche Autor*innen auf, die ihm ihre ersten Veröffentlichungen, oder auch weitere Förderung, verdanken. Sein Verhältnis zur weiteren Literaturzeitschriftenlandschaft in Graz und Österreich war spätestens ab den Achtzigern und Neunzigern nicht ohne Verwerfungen. Das wird auch daran liegen, dass es diese Landschaft in ihrer vorliegenden Form – man scherzt, Graz, „Die heimliche Literaturhauptstadt der Steiermark“, hätte inzwischen die größte Zahl an relevanten Zeitschriften pro Einwohner überhaupt – ohne ihn nicht gegeben hätte.