Nach dieser Wahl, wenn wir zur eingehenden Reflexion von Politik und Fernsehzeug uns anschicken, ist uns, als könnten wir in unsern Hinterköpfen die Dienerinnen der Khaleessi zirpen hören: “It is known …”
… nämlich erstens, dass wir eine unumgehbare, 2019 mit einer weiteren Zementschicht überzogene Mehrhheit rechts der sogenanten Mitte in Österreich haben. Und damit ist nicht das Übereinstimmen der Wähler*innen mit dem solchen oder solchen Programmpapier gemeint, sondern ihre Zugehörigkeit zum solchen oder solchen Stamme. Woraus sich wiederum erklärt, dass sich die Programme ändern und die dazugehörigen Leute aber die gleichen bleiben können; die Wunderbastisekte plus die ibizinischen Freischaren kommen gemeinsam auf jene knapp 55 Prozent, auf welche das politisch gewordene Identifikationsgefühl des Selbst mit dem jeweiligen Eigentum bei uns schon immer kam (Mein Auto! Mein Haus! Mein Grenzzaun!); dem stehen 43 Prozent gegenüber, die Pamela Rendi-Wagners Zweckoptimismus-Selbsthilfegruppe, oder die rosa Neigungsgruppe Haselsteiner, oder schließlich, (Gratulation!), die Partei für Webdesign, Psychotherapie und halbcoole Erdkundelehrer gewählt haben. An dieser groben Verteilung ändert sich seit dem geschichtlichen Fehler der Alliierten, 1955 das Land zu verlassen, nix: 5 von 10 Österreichern wählen denjenigen Kandidaten, der für sie glaubhaft verkörpert, dass man sich eben abzufinden, durchzuwurschteln, einzureihen habe; weitere 4 von 10 wählen den je bemühtest vernünftigen Vorschlag-zur-Güte betreffend mögliche Verbesserungen; macht zusammen 9 von 10, und fraglich blieb stets nur, was der Zehnte tut ( … und, ob die SPÖ es schafft, sich zeitweise als ebenso hemdsärmelig-autoritäre Oaschpartie zu tarnen, wie der Gegner eine darzustellen schien; was dank so ruhmreicher Performaces wie der von Landeshauptmann Dipl.Ing. Hans-Peter Doskozil auch immer wieder gelingt) (und die Mobilisierung wäre eigentlich auch nicht zu vergessen, aber die ist für unseren Vergleich wurscht, weil der auch Zeiten mit einbezieht, da wir noch eine Wahlpflicht hatten, und sich am Ergebnis trotzdem nix ändert).
… zweitens, dass es innerhalb dieser beiden ideologischen Lager mit ihrer größenmäßigen Stabilität jeweils die proletarisch geprägten Parteien waren, die zusammen sechzehn Prozent verloren, und die bürgerlichen Parteien, die ebensoviel dazugewonnen haben: NSDAP und SPÖ hier, Vaterländische Front und Grüne da. Nichts liegt also näher als eine “große”, das heißt der objektiven Tendenz entsprechende Koalition der Eigentümer an Produktionsmitteln mit ihren (nach fortgesetztem Wienaufenthalt entfremdeten) Kindern. Eine solche Koalition hätte den großen Vorzug, dass sie das verständliche emotionale Bedürfnis der Bessergestellten nach falschen, weil moralischen Antworten auf die richtigen, weil politischen Fragen in nützlichere Bahnen lenken könnte, als dies unter dem Regime der türksiblauen Volksfront gegen Fortschritt und Menschlichkeit möglich war.
Es wird am grünen Juniorpartner liegen, solche moralischen Antworten zu formulieren: als einen Haufen humanitärer, ökonomischer, ökologischer Maximalforderungen, die freilich trotzdem stets bloß an den Oberflächen der echten Probleme kratzen werden (weil: Abschaffung des Bauernstandes, der Kirche und des Bundesheeres im heutigen Sinne, Enteignung von allen G’stopften usw. usf. wird vermutlich sachlich nicht zur Debatte stehen).
Dann – wenn ihm Werner Kogler in den Sondierungsgesprächen mit einem Katalog solcher unverhandelbaren grünen Minimaximalpositionen gegenübersitzt – dann wird der Heilige Sebastian der Schmachthöfe, oder wird halt die Kabale aus Benko, Mahrer, Mateschitz und Dompfarrer Faber, die ihn im Labor gezüchtet und mit Fernsteuerung im Gnack versehen in die weite Welt hinausgeschickt hat, eine von zwei möglichen Entscheidungen treffen müssen:
Entweder, Kurz sitzt am Ende der Verhandlungen als Kanzler einer Bürgerregierung vor, die im Interesse des eigenen Machterhalts jedes ihrer schlechten, falschen, rückschrittlichen Ziele (Privatisierung, Eigenverantwortung, Waldorfschulen) an eine Sorte Rechtsstaats- und Sozialklimbim knüpft, unter der sich’s leben wird lassen und auf Sicht komfortabel Opposition üben. Eine solche Regierung wird Stabilität besitzen, weil die Grünen ein paar vernünftige Leute mit genug Selbstausbeutungsbereitschaft haben, um dem blanken Wahnwitz der Heiligen der Kurz’schen Tage entegenzuwirken und niemanden ernstlich aufzubringen, der wählen wird dürfen. Mit ein bisschen Glück und gutem Timing kann es uns in dieser Konstellation sogar passieren, dass Österreich in der sogenannten Flüchtlingsfrage auf EU-Ebene so zu agieren beginnt, dass es bei genauerem Nachdenken nicht sofort Ekel und Scham auslöst!
Die andere Variante wird sein, dass Sebastian (Sallallahu ‘alaihi wa Aalihi wa sallam!) angesichts der Kompromisslosigkeit Koglers entnervt das Handtuch wirft und sein Glück mit einer Minderheitsregierung sucht, oder mit einer Neuauflage von Türkisbraun; beides heißt weitere Neuwahlen im Frühsommer 2020, und dann sind wir ihn los, und das weiß er.
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… natürlich alles immer vorausgesetzt, es knicken die Grünen nicht ein und machen nicht brav Männchen, kaum, dass ihre schwürkisen Verhandlungspartner mit der veganen Wurst der Macht vor der Nase rumwedeln. Denn dann wird es egal gewesen sein, wer wen gewählt hat. Dann werden wir nämlich wieder, und vielleicht zum ersten Mal seit Ende der Donaumonarchie, so eine richtige Obrigkeit bekommen. … also: so eine ordentlich unverkrampft-verkrampfte, kreuzbiedere, von der eigenen Bedeutung selbstverständlich überzeugte und dem normalen Leben normaler Menschen vollends entfremdete Clique reicher Bubis, Mädis, Herrenreiter und grand dames, die dann soeben die Erfahrung gemacht haben werden, dass demographische Verschiebungen wurscht sind; Wählerstromanalysen wurscht sind; Motivationen und Bedürfnisse “der Menschen da draussen” wurscht sind; dass alles wurscht ist, weil sich eh alle von ihnen blenden und an der Nase rumführen lassen (zuerst ein Jahr lang die Faschisten, dann aber auch die Gutmenscherln). Will sagen: