Der Band „Kleine Korrespondenzen“, der bei Das fröhliche Wohnzimmer – Edition erschienen ist, folgt einem einleuchtenden Spielprinzip:
„Neunundzwanzig Autor*innen sendeten ein Gedicht oder eine visuelle Arbeit. Diese wurden sodann nach dem Zufallsprinzip eine*r der Autor*innen zugeteilt, aufdass diese darauf literarisch oder bildnerisch reagiere. Somit hat jeder Teilnehmer, jede Teilnehmerin einmal einen Ausgangstext geschrieben und einmal auf einen solchen reagiert.“
Was dieses Verfahren laut dem Vorwort des Buchs abbilden will, das sind die verschiedenen Arten, auf welche künstlerische Produktionen einander beeinflussen, initialisieren, bedingen können. Es leistet solches auch durchaus: Aus dem thematischen Schlagwort des einen Texts wird die Formvorgabe des anderen – oder es erfährt ein gleiches Motiv zwei ganz unterschiedliche Deutungen – oder aus einem Spaß wird Ernst, bzw. umgekehrt – oder von einem Medium geht’s in ein anderes … doch wesentlich interessanter als das intendierte Objekt der vorgelegten Schau – der, sagen wir, Einfluss-Fluß zwischen den Autor*innen und Texten – erscheint zumindest mir die „Tönung des Glases“, durch welches wir in „Kleine Korrespondenzen“ auf die, nun ja, die Korrespondenzen schauen:
Was die Sammlung nämlich über 29 Modi des Korrespondierens hinaus sichtbar bekommt, ist, was man den höchst eigenen Zungenschlag der zeitgenössischen „Wiener Szene“ nennen könnte, oder zumindest einer Wiener Szene. Dieses zu Tage tretende Idiom ist tendenziell unprätentiös; offen hin zur aphoristischen Sonderform des Witzes; firm verankert in einer Textwelt, in der die Errungenschaften der Sprachkritik (a) Teil der Inneneinrichtung, aber (b) auch nicht mehr das Neueste sind; es scheut Einfachheit nicht und unterwirft sich ohne Umschweife der Forderung, die eigenen Gründe nennen können zu sollen. Darüber hinaus sind die gemeinsamen Referenzmaterialien, -orte, -texte und -sounds, wie sie als Hintergrundrauschen sicht-, hör-, spürbar werden, näher dem Erfahrungsschatz von Alltag in Ostösterreich als den diversen sogenannten Elfenbeintürmen.
Dass die bildnerischen Beiträge eine leichte Schlagseite in Richtung Fanzine-Ästhetik aufweisen, und die literarisch weiterverarbeitete „Ur-Rede“ vieler der Texte eine Art vor-diskursiver Unbekümmertheit inszeniert – das sind dagegen Effekte, die wir vielleicht eher dem Kraftfeld des Verlags als der Gravitation Wienerischer Literatur zuschreiben sollten:
Das Fröhliche Wohnzimmer – Edition ist, wie die interessierte österreichische Leserin vermutlich weiß, … [Weiterlesen auf poesiegalerie.at]