durch hohes gras, neben der spur, wo die kelchblätter des mohns schon am verblassen, kaum daß sie sich aufgefaltet, indes das licht ohne gnade hinfälliges richtet …
Solche Zeilen finden wir, unter der Überschrift „Neben der Spur“, im ersten der sieben Abschnitte dieses Gedichtbandes, und sie sind instruktiv: Prosagedichtform; eine Auftaktkette ohne Hauptsatz (dh: etwas verschwindet in einem Nichts); Naturmetaphern, und zwar so richtig fest konnotierte (dh: es gibt gleichwohl Kontinuitäten), deren genaue Darreichung zu kontemplieren wir eingeladen sind – was bei „Mohn“ und „Licht“ so aussieht: wenn die Blätter des Mohns „verblassen“, heißt das, die von ihnen signalisierte gnadenreiche Vergessenheit (wovon?) schwindet, und wir erinnern uns wieder (woran?), bei Tageslicht sozusagen, oder heißt das, irgendwas ist völlig gegessen und fertigverdaut von der Welt? Ersteres, dürfen wir vermuten. „I can’t forget, but I don’t remember what„, sang Leonard Cohen, und wir, zusammen mit Jayne-Ann Igels Textsubjekt in ihrem Band „die stadt hielt ihre flüsse im verborgenen“, wir erinnern uns also unserer Vergänglichkeit.
Die drei erwähnten Elemente – Prosagedichtform, traditionalistische Metaphernreservoirs, das Thema der Sterblichkeit – schrecken (mich) in dieser Kombination zunächst ab, gerade auch, da es sich um sehr konkrete Sterblichkeit handelt, von der (mir) nicht klar ist, warum sie uns Leser etwas angehen soll (und das ist dann der Nachteil einer solchen Schreibweise, die sich gegenüber ihrem Thema skrupulös zurücknimmt, nichtwahr? Wenn den Leser das Thema nicht zufällig von Anfang an interessiert, dann findet er zumindest auf der sprachlichen Ebene keine unmittelbaren Zusatz-Anreize, und zwar gerade, wo die Form gelungen und gut durchdacht ist). Igels Textsubjekt, darum geht es im Wesentlichen, erinnert sich des toten Vaters und besonders seines Sterbens, erinnert sich des eigenen Einst-und-Jetzt, da es (da sie) durchs Ostdeutsche reist, zur Mutter, die
nur noch über ein zimmer im heim verfügt, mit ein paar eigenen möbeln und dingen,
(wie das in dem Gedicht „Ohne geltung“ formuliert ist, in dem es um das wiederholte Aussortieren von Erinnerungsstücken, Hausrat, Büchern geht).
Wie gesagt: Geschmacksfrage, ob uns die individuelle Würde des individuell verstrickten Verlöschens dieser bestimmten Person/en so weit interessiert, dass wir uns auf einen ganzen Gedichtband einlassen, der sie, mit wie großer Genauigkeit, Einfühlsamkeit, Mittelbeherrschung immer, umkreist.
Ganz ohne Rückgriff auf zufällig-individuellen Geschmack können wir dagegen die Beobachtung machen, dass es Igel gelingt, …