„Oskar Submerges“

Erschienen auf KiG!

In Izola, Slowenien existiert seit kurzem ein auf Export in den englischen Sprachraum orientierter kleiner Verlag. Von den bislang neunundfünfzig Einträgen in seinen Katalog haben, soweit überblicksweise erkennbar, nur drei irgendwie mit dem psychogeografischen oder literarhistorischen Raum Slowenien / Balkan / Istrien zu tun. Der Rest ist mit Nachdruck exterritorial, und wirkt in 2023 immer noch trutzig postmodern (will sagen: eine Ästhetik, die sich, obwohl die Bücher hochwertig gefertigt sind, an Neunziger-Zine-Kulturen orientiert, gibt Widerstand gegen den Siegeszug der Metamoderne erkennen).

Bei Durchsicht der Titel stellt der Eindruck sich ein, man wolle so etwas wie ein Raumschiff sein, das aus seiner distanzierten Umlaufbahn in jede beliebige Diskurslandschaft drunten auf dem Planeten Zeug beamen kann, zur Belehrung, Freude oder Verwirrung der Einheimischen. Dass chief editor Rick Harsch auch eigene Titel am Start hat, zuvorderst die drei Bände der anthological novel „The Assassination of Olof Palme, a people‘s novel“, könnte (sollte?) ein Alarmsignal sein, ist aber interessanterweise keines …

Seit wann genau jener Verlag existiert? – Einen guten Hinweis darauf gibt der Verlagsnamen „corona\samizdat“. (Und nein, da sind keine „maßnahmenkritischen“ Seuchenfreund:innen im Programm; C\S verbreitet sein „Samizdat“ nicht gegen, sondern verbreitete es ursprünglich mal halt während „Corona“). Knapp sechzig Titel also, in ca. drei Jahren: keinesfalls patschert.

Auch nicht patschert, sondern im Gegenteil eine Übung in außergewöhnlicher stilistischer Wendigkeit ist das Buch, das mich auf C\S zuerst aufmerksam gemacht hat. In seinem:ihrem Debütroman „Oskar Submerges“ bietet der:die Amerikaner:in Zachary Tanner klassisch-rhetorisch geschultes Stilvermögen auf, große Sensibilität und einen Anspielungsreichtum, der einige Belesenheit vermuten lässt, vor allem in der Prosa der Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert (Freud und Proust drängen sich auf) und in den Sci-Fi-Pulp-Arkana der Sechziger-Siebziger. Der literarische Gegenstand, über den Tanner dieses Füllhorn leert, ist ein dicht synästhetisches, durchaus pornographisches Weltraum-Noir in einem Setting von psychedelischer Wucht:

Die Menschheit (…)

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