Zweiter Tag, 18:08, „Das Publikum“, so Kawasser, „ist noch sehr ausgewählt„, sprich: heiße zehn Leuts in den Rängen, da die Anthologie „Wo warn wir? Ach ja …“ von ihren Herausgebern Robert Prosser und Christoph Szalay präsentiert wird. Ungerecht. Jetzt geben die beiden über das Projekt – eine Sammlung jüngerer österreichischer Lyrik – und seine Geschichte Auskunft, und langsam, langsam trudeln unterdessen weitere Publikumme ein (zwei gingen inzwischen, drei neue kamen).
Time for disclosure inzwischen: Wie gestern gilt, dass es sich hier nicht mehr um Rezensionen handelt, aber hoffentlich auch noch nicht ganz um freies Assoziieren; irgend etwas Energieschonendes dazwischen als gestern; berichterstatterliche Gerechtigkeit jedem Beitrag gegenüber bleibt auf der Langstrecke des Leseformats liegen.
Zurück … Um 18:22 betritt Graz in Gestalt Helwig Brunners den Raum und lacht leise … schon vierzehn (!) Zuhörs, wo gestern um die gleiche Stunde siebzig-achtzig waren … Wo sind sie nun alle, die Damen und Herren Szene? Was werkt das Netz? Ist gar die wahre Lyrik nur im Kopf und nicht in der IG Architektur, also hier? Die Vielfalt österreichischen Schreibens, von der gerade Szalay/Prosser reden? Gut: Es ist Essenszeit an den Familientischen …
… Kawasser stellt gerade Christian Metz‘ literatursoziologisches Thesenbuch vom letzten Jahr neben die Ergebnisse der Anthologisierungsbemühungen von Szalay/Prosser. 18:27 – fünfzehn Zuhörer – jetzt Lesung in Auszügen … und die beiden Sammler lesen Vermischtes anderer Autor*innen aus der Sammlung; das ist reizvoll: Prossers kraftvoller Vortragsgestus (ca. „Sepp Forcher als belesener MMA-Fighter“) und Szalays leiserer, borduntonhafter (sagen wir „Ezra MC Pound“) – beide je angewandt auf Texte, von denen wir nicht sicher wissen, mit was für einem Klang im Ohr ihre Verfasser*innen sie je geschrieben haben. Gleichungen mit zwei Unbekannten zu lösen. Könnte man einen ganzen Abend draus machen.