radiohören mit schmitzer

Der Aschermittwochmorgen. Das Radio. Die einzig überhaupt diskutable Qualitätsradiostation. Die Regisseurin einer Produktion des Theaters in der Josefstadt spricht über die Familienkonstellationen im Stück. Es geht um jugendliche Depressionen und elterliche Überforderung. Die Regisseurin wählt zur Einleitung ihrer (ansonsten erhellenden) Schilderung die Formulierung, es würden da vier Figuren “versuchen, miteinander (…) ein Leben zu organisieren und positiv zu gestalten …”

Wenig später: Eine Musikerin erzählt über ihr neues Album. Welche Erkenntnisprozesse sie beim Liederschreiben anstrebt? – “Ich glaube, dass es viel in unserer Welt gibt, das es zu verändern gilt, und in dem Moment, in dem wir uns eingestehen, dass wir nicht genau wissen, was Sache ist – dass wir verletzbar sind, dass viele Fragen offen sind – in dem Moment begeben wir uns auf die Suche nach den Antworten, die vielleicht kompliziert ausfällt, aber hoffentlich nachhaltig ist.”

“Leben (…) positiv gestalten”

“Suche nach Antworten (…) hoffentlich nachhaltig”

Managementjargon, elendiger.

Schrecklicher.

Blöde wie benutzte Schneuztücher, die keiner wegräumen will, in den verborgenen Ecken aller Lebensbereiche gammelnder Managerjargon.

Stinkert an alle Echokammerwände wie noch-zähflüssiger Raclettekäse geschmierter Managerjargon.

Die schöne Geradheit der Sätze durch Schnörksel – mit “s”! – verunzierender Managerjargon.

Managerjargon, dialektische Rache des Gespensts von Margaret Thatcher an den Intellektuellen.

Managerjargon, dein Name ist die widerhallende Bewusstlosigkeit der fünfzehnjährigen Trampel im Nahverkehr.

Managerjargon positiv.

Managerjargon Nachhaltigkeit.

Managerjargon zeitnah, ganz bewusst, effizient, ein Stückweit.

Synergien Managerjargon, Steigerungspotenzial Managerjargon, self-care optimization Managerjargon.

Ich schau dir in die Augen, Managerjargon, und sehe also deine Seele, und sie ist ein Kind im teuren Siebziger-Jahre-Anzug deines Vaters, leitender Angestellter bei Siemens oder so, sehe also das Kind, das sich mit einem kindgerechten Bastelhammer in die Fontanelle drischt, wieder und wieder und wieder, während draußen, hinterm Fenster, die Vöglein vom besseren Leben zwitschern, mit Stimmchen wie aus jenem einen Disneyfilm.

Managerjargon, Gebrabbel der traurigen blutgierigen Schatten drunt’ im Hades.

Managerjargon, Schlafspritze in der Hand des psychiatrischen Pflegers.

Managerjargon, Gummigeschoß im ewigen Mai ’68 der Seele.

Managerjargon Bullentonfa.

Managerjargon Katzenscheiße unterm Esstisch, nein, halbe Maus in Katzengekotz-Sauce unter dem Esstisch, und ich soll das dann wegräumen, weil ich sonst nicht essen kann oben drüber, geschweige denn Gäste empfangen, aber welches Werkzeug auch immer ich anfasse, die Katze war schon da und hat ihren Schlatz hinterlassen, es ist beachtlich, Managerjargon, soll ich jetzt hier hocken und verhungern oder was?

Fehler im GPS-Grid Managerjargon.

Entkoffeiniertes Koffeinbier ohne Alkohol Managerjargon.

Walpurgisnacht Managerjargon, aber schieche Walpurgisnacht, nicht sexy, sondern knöchern und staubig und kalt kalt kalt ausgeleuchtet vom Scheinwerfermond.

Managerjargon der durch Treppenhäuser hallt, in denen wir uns verlaufen, obwohl’s nur den Hauptschacht gibt, komisch.

Managerjargon wir können nicht mehr darüber reden was einmal die Zukunft gewesen sein wird.

Managerjargon wir … [Weiterlesen auf KiG!]