“Winter-/Welt-”

Erschienen auf KiG!

Heinrich Heines satirisches Epos “Deutschland. Ein Wintermärchen” hat bekanntlich den Moment zum Höhepunkt, wo der Protagonist, da er Auskunft über Deutschlands Zukunft begehrt, von der Hamburger Schutzgottheit Hammonia aufgefordert wird, sich mit dem Gesicht über das Orakelbecken zu beugen – nämlich die tausendjährige Kackschüssel von Karls des Großen Leibstuhl:

„Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier
Gleich wogenden Phantasmen,
Doch schaudre nicht, wenn aus dem Wust
Aufsteigen die Miasmen!“

Was ich gesehen, verrate ich nicht
Ich habe zu schweigen versprochen,
Erlaubt ist mir zu sagen kaum,
O Got! was ich gerochen! ––

Die lange, satirisch erzählte Reise durch ein Deutschland, welches die Folgen der Aufklärung und der französischen Revolution noch nicht so recht verdaut hat, gipfelt somit darin, dass der Kopf des scharfsinnigen intellektuellen Beobachters gewissermaßen von den guten Geistern Deutschlands in die Scheiße getunkt wird. Wen das ins Recht bzw. ins Unrecht setzt – den humanistisch urteilenden Welt-Insassen, oder die in-humanen Geister der Vorzeit – lässt Heine noch offen. Marx, etwas später, ist deutlich parteiischer – “Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden” –, aber ihm ging’s ja auch gerade nicht um die deutschen Gespenster, sondern um die französischen. Der Preis der geschichtsphilosophischen Erkenntnis und politischen Orientierung im Jetzt ist jedenfalls der buchstäbliche Mief.

Der Ton bei Heine ist volkstümlich, locker, sangbar – demokratisch. Das jüngst bei kookbooks erschienene Gedicht “Deutschland. Ein Weltmärchen” von Daniel Falb dagegen (…)

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