Die Schwerpunkte, die den beiläufig 170 Seiten starken Kern dieses Schreibhefts (Nummer 92, erschienen Februar 2019) ausmachen, werden flankiert von: Erstens ganz vorn Gedichten aus dem Nachlass von Inger Christensen, zweitens einem kurzen Text, der nicht nur als Nachruf Thomas Stangls auf Oleg Jurjew gelesen werden zu wollen scheint, und drittens Texten der jungen weißrussischen Lyrikerin Valzhyna Mort ganz hinten. Den beiden poetischen Blöcken ist dabei gemeinsam, dass sie auf unterschiedliche Arten einen vage archaisierenden Eindruck erwecken – was wohl mit dem knapp unterschiedlichen Stellenwert von Metapher, Natur, Strophenformrequisite zwischen den Lyrikmuttersprachen zu tun hat.
Die großen Themenkapitel dazwischen behandeln das hundertjährige Jubiläum von Kurt Pinthus‘ Expressionismus-Anthologie „Menschheitsdämmerung„, die Stadt Glasgow sowie den schwedischen Künstler Öyvind Fahlström in seiner Eigenschaft als Autor.
Wer, wie der Rezensent, von Fahlström noch nie gehört hat, wird von diesem letzteren Kapitel wohl am meisten profitieren. Der Reader, zusammengestellt von Stefan Ripplinger, vermittelt uns einen Überblick über die literaturgeschichtliche Einbettung und das Wirken Fahlströms sowie, in zwei Texten von Peter Weiss, einen Eindruck von seiner Präsenz als Kunstwelt-Kunstfigur. Vor allem aber legt er uns das Primärvergnügen der Lektüre seines Gegenstands nahe bzw. ermöglicht es erst. Er präsentiert nämlich Übersetzungen von Texten Fahlströms, die es (soweit halt eine rasche Google-Suche als Recherche durchgeht) nirgendwo sonst auf Deutsch zu lesen gibt: Eine Kritik, Texte und Bilder an der Kante von bildender Kunst und konkreter poesie sowie, von Ripplinger selbst übersetzt, drei sehr lustige Auszüge aus der Prosa „Der heilige Torsten Nilsson“. Hier (…)